Noemi war allein am Strand und beobachtete die Wellen. Gerade als sie sich entspannen wollte, sah sie etwas sich bewegen. Zuerst dachte sie, es sei ein Hund. Sie sah sich nach seinem Besitzer um, aber der Strand war leer.
Dann drehte sich das Tier zu ihr um und sah ihr in die Augen. Es war ein Wolf.
Langsam stand sie auf. Der Wolf setzte sich wieder in Bewegung, seine Schritte vorsichtig, als wäre er sicher, dass sie ihm folgen würde.
Dann hörte sie einen schwachen, verzweifelten Schrei. Ihr Magen zog sich zusammen. Da draußen war noch etwas.
Als sie an einer Felsformation vorbeikamen, wurden die Schreie lauter.
Dann sah sie es. Es war ein Wolfsbaby, das in einem Netz am Strand gefangen war. Sein Kopf ragte knapp über das Wasser. Der Wolf kämpfte darum, sich zu befreien und rang nach Luft.
Die Wölfin schrie und versuchte, ihr Junges mit den Pfoten zu befreien, aber es gelang ihr nicht. Ihre Hände zitterten, als sie sich bückte und nach dem Netz griff. Es hatte sich zwischen Felsen verfangen, die Fasern waren fest und widerspenstig.
Nach langer Zeit konnte das Junge endlich herauskommen. Es taumelte auf seine Mutter zu, und die Wölfin stellte sich plötzlich zwischen Noemi und das Junge.
Einen kurzen, erschreckten Moment lang dachte Noemi, der Wolf würde sie angreifen. Doch stattdessen drehte sich die Wölfin lautlos um. Sie packte ihr Junges am Genick und ging davon; das Junge humpelte in ihrem Maul.
Kurz bevor sie verschwanden, blieb die Wölfin stehen und setzte das Junge sanft ab. Beide Wölfe drehten sich zu Noemi um, ihre Blicke trafen sich. Dann verschwanden sie wortlos zwischen den Bäumen.
Noemi atmete schwer aus, ihr Körper zitterte. Sie war an diesen Strand gekommen, um zu fliehen, doch nun hatte sie etwas erlebt, das sie nie vergessen würde.
Als die Wölfe gingen, stand sie da, die Wellen umspülten ihre Füße. In der Ferne heulte ein Wolf, sein Heulen wurde vom Wind davongetragen.
Sie wusste nicht, was das Heulen bedeutete. Aber irgendwie gefiel ihr der Gedanke, dass es ein Dankeschön war.